“Die Abweichungen zwischen Tatsachen und Möglichkeiten sind dem Bild „Dunkelheit und Ewigkeit“ immanent. … Für die auch nach der Jahrtausendwende noch immer drängende Thematik der nachhallenden Belastung der NS-Gräuel hat Tamara Hasselblatt eine sehr persönliche und damit individuelle Bildsprache gefunden.”
Expertise von Dr. Eva Mongi-Vollmer, Städel Museum
Tamara Hasselblatt:
Zu meinem Bild “Dunkelheit und Ewigkeit – Im Gedenken an Elie Wiesel und seine Schicksalsgenossen” wurde ich durch die Rede von Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel inspiriert. Als Auschwitz- und Buchenwald-Überlebender hielt er sie im Juni 2009 in der Gedenkstätte Buchenwald, als er Präsident Barack Obama dorthin begleitete.
Als Elie Wiesel sagte, “I came here … and visit my father’s grave – but he had no grave…” war ich zutiefst erschüttert: Auch noch über ihren Tod hinaus hatten die Nazis ihre Opfer versucht zu entwürdigen.
Sofort entstand in mir das Bedürfnis, Elie Wiesels Vater Chlomo sein Grab zu malen. Da er keines auf Erden bekommen konnte – nach all der unfaßbaren Ungerechtigkeit – malte ich ihm, seiner Frau und Elie Wiesels kleiner Schwester Tzipora ein Grab im Himmel.
Doch nicht nur für ihn, sondern für alle – Juden, Christen, Sinti und Roma, Kommunisten, Sozialisten – die wegen des Terrors der Nazis sterben mußten und kein Grab bekommen haben:
Ich habe einen ganzen Friedhof im Himmel gemalt.
Buchenwald. In seinem Buch “Die Nacht” erinnert sich Elie Wiesel auf beeindruckende und so wenig anklagende Weise an seine Zeit in Auschwitz und Buchenwald. Zusätzlich intensive Recherchen und die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Archiv der Gedenkstätte Buchenwald ließen so meine Bildidee wachsen und sich konkretisieren. All dies verdichtete sich zu:
“Dunkelheit und Ewigkeit – Im Gedenken an Elie Wiesel und seine Schicksalsgenossen” (1,10 x 1,90 m).
In diesem Bild setze ich mich mit dem Schicksal der Inhaftierten von Buchenwald – und damit beispielhaft von allen Insassen der Konzentrationslager auseinander.
Gerade für mich als nachgeborene Deutsche empfand ich dies als ein großes, mich fast zerreißendes Thema: unzählige Wochen hatte ich bei mir im Atelier die von den Amerikanern bei der Befreiung des KZs gemachten Photos von den Überlebenden Buchenwalds in ihren Holzlagerstätten stehen.
In abstrahierter Form habe ich allen Inhaftierten in den Konzentrationslagern der Nazis einen Platz auf meinem Bild gegeben – und ein Grab im Himmel.
Gegen das Vergessen.
Für Wachsamkeit und Offensein.